Collateral als Vertrauenseinheit im Kryptoversum
- Adrian
- 9. Feb. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Feb. 2022

Ein Collateral ist gemäss Oxford Dictionaries «Eigentum oder etwas Wertvolles, das Sie versprechen jemandem zu geben, wenn Sie geliehenes Geld nicht zurückzahlen können». Eine Sicherheit also oder in der Schweiz bekannt auch als Pfand. Collaterals gibt es im Kryptoversum in unterschiedlichsten Ausprägungen und sie sind ein wichtiges Element für das Ökosystem der einzelnen Kyptoprojekte.
Wir kennen das Pfand in der Gegenwart gut. So wird bei der Aufnahme einer Hypothek das Haus oder die Wohnung als Pfand hinterlegt (sogar öffentlich via Grundbucheintrag). Für den Wert des Grundstücks erhält man, je nach Ausgangslage, zwischen 60-90% als Barkredit. Diese 60-90% sind der sogenannte Loan-to-Value-Ratio (LTV) oder im Schweizer Jargon «Belehnungsgrenze». Bei einer Belehnungsrenze von 50% muss man für eine Kreditsumme CHF 100'000 den doppelten Wert, also CHF 200'000, als Collateral hinterlegen. Zusätzlich wird während der Dauer der Belehnung ein Zins fällig, dem man dem Kreditgeber schuldet.
In der Gegenwart kennt man auch Kreditvergaben ohne direktes Pfand, z.B. Kleinkredite oder aber auch das Konzept der Kreditkarten. Diese Firmen vergeben Kredite aufgrund einer Bonitätseinstufung des Kreditnehmenden und gehen bei der Kreditvergabe ein bewusstes Risiko ein, dass sie das geliehene Geld nie zurück erhalten. Darum sind die Zinssätze solcher Kredite meist höher als jene mit einem klassischen Pfand. Auf einer dezentralen Blockchain sieht man so eine Kreditvergabe eigentlich nie. Denn das willkürliche Risiko ist nur schwer abbildbar in einem System, welches zu jedem Zeitpunkt, jedem dezentral seinen Kontostand anzeigen können muss. Bei Fehlern übernimmt keine zentrale Stelle die Verantwortung*.
Auf Börsenplattformen kann bereits in der Gegenwart auf sein Aktienportfolio Geld ausgelehnt werden. Als Collateral dient das Portfolio. Ziemlich ähnlich funktioniert auch das klassische Kreditmodell im Kryptoversum. Statt ein Aktienportfolio hat man ein Kryptoportfolio welches als Pfand dient und auf welchem man Geld aufnehmen kann. Die populärsten dezentralen «Lending and Borrowing Protocols» sind Aave, Compound oder Maker.
Spannend ist jedoch, dass im Kryptoversum der Gebrauch von Collaterals weit über das Ausleihen von Geld hinaus geht. Es fängt bereits damit an, das in einem dezentralen Umfeld jemand das ausgeliehene Geld auch zur Verfügung stellen muss. Das ist dann eben nicht die grosse Bank, sondern viele kleine (manchmal natürlich auch grosse) Kryptokreditgeber, welche den Kredit finanzieren und den Zins vom Kreditnehmer unter sich aufteilen. Ähnlich wie man es von den P2P-Lending Apps kennt, einfach dezentral. Weitere Use Cases bei dem Collaterals häufig gebraucht werden:
Beim Kreieren von dezentralen Vermögenswerten (dTokens) wird der Wert des neuen Tokens durch Collaterals besichert (siehe Beispiel https://blog.defichain.com/de/was-sind-dezentrale-aktien-token-und-wie-funktionieren-sie/)
Ein spannendes Feld sind auch die Kryptoversicherungen. Dabei wird in einem Smart Contract ein Event definiert, bei dessen Eintreffen eine Summe ausbezahlt wird. Das Collateral, in diesem Fall die Versicherungssumme, wird dabei von anderen Kryptoinvestoren zur Verfügung gestellt, welche sich die Prämie unter sich aufteilen. Sie wetten darauf, dass der versicherte Event nie eintrifft (Anwendungsfall: https://nexusmutual.io/)
Wie in der Gegenwart kann auf das zukünftige Kryptocollateral an Wert verlieren. Trifft dies zu, so riskiert man unter die Belehnungsgrenze zu fallen und dies kann schwerwiegende Folgen haben. Denn wo man in der Gegenwart vielleicht mit dem lokalen Bankberater noch einen Deal für die Überbrückung der Unterdeckung aushandeln kann, kennt die Maschine nur 1 oder 0. Wie genau mit einer Unterdeckung umgegangen wird, unterscheidet sich jedoch von Smart Contract zu Smart Contract. Normalerweise löst nicht eine einmalige Unterdeckung die Liquidierung aus, sondern die Protokolle warten meist ein paar Blocks. Hält die Unterdeckung an wird anschliessend das Collateral liquidiert. Dabei sehen einige Smart Contracts eine Versteigerung des Collaterals vor (der Kreditnehmer erhält dann den Versteigerungserlös), andere eine sofortige Liquidierung des ganzen Collaterals und Dritte nur eine Teilliquidierung bis die Belehnungsgrenze wieder erreicht ist.
Das Aufnehmen von Fremdmitteln bleibt also auch im Kryptoversum eine riskante Angelegenheit. Jedoch bieten sich vor allem als Kleinanleger, vielleicht sogar mit schlechter Bonität, ganz neue Möglichkeit, sowohl als Kreditnehmer als auch als Kreditgeber.
* Mittlerweile gibt es unterschiedliche Ansätze, wie diese Problematik auch in dezentralen Projekten angegangen wird. Eine Vertiefung wäre vielleicht ein Thema für einen nächsten Blogbeitrag.
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